Grundsatzpositionen der Suisseculture zu den Aufgaben der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia
Verabschiedet von der Präsidentenkonferenz vom 22. November 2011
Ausgangslage
Da die Eidgenössischen Parlamente eine Erhöhung des Bundesbeitrages an Pro Helvetia verweigert haben, ist Pro Helvetia gezwungen, bei den ihr zugewiesenen Aufgaben Prioritäten festzulegen. Diese sind aus der Sicht von Suisseculture klar bei der Unterstützung der Werkförderung und -vermittlung sowie einer spartenspezifisch wirksamen Nachwuchsförderung zu setzen. Die geplanten Programme (Initiativen) müssen zugunsten der Kontinuität in der bewährten bisherigen Förderung redimensioniert oder gestrichen werden.
Programme / Initiativen
Die sogenannten transversalen Themen wurden in der Anhörung zur Kulturbotschaft von praktisch allen Seiten (Kantone, Gemeinden, Kulturorganisationen) in Frage gestellt, was gemäss der Kulturbotschaft berücksichtigt wurde. In der Kulturbotschaft wird in Art 5.2 festgehalten: «Den von den Kantonen und Städten in der Anhörung geäusserten Bedenken bezüglich möglicher Zusatzkosten durch die zwei transversalen Themen des Bundes wird Rechnung getragen. Die Bundesinstitutionen werden sich auf die Förderung weniger Projekte Dritter beschränken […]».
Es ist nach unserer Auffassung grundsätzlich nicht die Aufgabe von Pro Helvetia, Projekte zu initiieren, sondern zu prüfen, was an sie herangetragen wird. Sie soll Projekte von Kunstschaffenden und Kulturveranstaltern unterstützen, nicht selber welche lancieren.
Nachwuchsförderung
Die neu zugewiesenen Aufgaben im Bereich Nachwuchsförderung sind in enger Zusammenarbeit mit den Spartenverbänden und den Bildungsinstitutionen sorgfältig zu entwickeln. Die Bedürfnisse in den einzelnen Sparten sind sehr unterschiedlich. Dem ist Rechnung zu tragen. Die Nachwuchsförderung darf nicht über einen Leisten geschlagen und deren Finanzierung darf nicht zu Lasten der bisherigen Werk- und Projektförderung erfolgen.
Kulturvermittlung
Für die Kulturvermittlung müssen nicht immer professionelle Pädagogen zwischen Werk und Publikum stehen. Künstlerinnen selber sind in vielen Fällen ebenso wichtige Vermittlerinnen ihrer Werke und daher oft zentraler Teil von Vermittlungsprojekten.
Es sollte gemeinsam mit den Spartenverbänden überprüft werden, ob im Bereich der Kunstvermittlung explizit nur ausserhalb der Schulen gefördert werden soll oder nicht in einzelnen Sparten auch der schulische Rahmen genutzt werden sollte, um so an einer zentralen Schnittstelle von Kunstvermittlung Synergien zu schaffen.
Entscheidungskompetenzen, Förderung
Die Entscheidungskompetenzen der einzelnen Bereichsleiter/innen wurden stark erhöht. Damit soll das Entscheidungsverfahren beschleunigt werden, was an sich zu begrüssen ist. Gleichzeitig wurden bereits in den letzten Jahren immer mehr Regelungen erlassen, die von den Gesuchstellenden als absurd, praxisfremd und kreativfeindlich empfunden werden. Es ist klar: Je mehr sich einzelne Personen bei den Entscheiden exponieren müssen, umso stärker wird die Tendenz, sich über Reglementierungen abzusichern. Dem ist entgegen zu wirken, indem Experten und die Fachkommission nicht nur alibihalber konsultiert werden, sondern wirklich entscheiden und die Bereichsleiter/innen diese Entscheide im Allgemeinen respektieren.
Ebenso geht es aus der Sicht von Suisseculture nicht an, dass Bereichsleiter, die Fachkommission oder Expertinnen von Pro Helvetia an eingereichten Projekten korrigierend mitwirken und inhaltliche oder künstlerische Bedingungen für eine Unterstützung stellen, wie das immer häufiger der Fall ist. Die Förderstelle hat die Projekte auf ihre Qualität und die finanzielle Stimmigkeit zu prüfen und zu entscheiden, ob sie unterstützt werden oder eben nicht. Alles andere ist als ein Eingriff in die künstlerische Freiheit zu werten.
Zusammenarbeit mit den Kulturverbänden
Die Förderreglemente sind mit den Kulturverbänden zu diskutieren und abzustimmen. Die Bereichsleiterinnen, die Mitglieder der Fachkommission oder Experten von Pro Helvetia sind oft weit von der Praxis entfernt und kennen deren sich stetig verändernde Begebenheiten und Bedürfnisse kaum.
Ebenso sind vor dem Lancieren von Vermittlungs- und Webplattformen die betroffenen Kreise und Verbände zu konsultieren. Es ist absurd, wenn Pro Helvetia selber mit Plattformen, die niemanden interessieren, Geld in den Sand setzt, und gleichzeitig bestehende oder aus den Kultursparten heraus entwickelte Projekte, die über zu wenig finanzielle Mittel verfügen, ihren Betrieb reduzieren oder aufgeben müssen. Es wäre sehr viel sinnvoller, wenn Pro Helvetia solche Branchenprojekte unterstützen würde.
Es sollten verbindliche Strukturen für den Austausch zwischen den Organen von Pro Helvetia und den Kulturverbänden geschaffen werden.
Transparenz
Die Ausgaben für die einzelnen Sparten, Bereiche und Projekte sind transparent und für alle ersichtlich auszuweisen.
Image von Pro Helvetia bei Politik und in der Öffentlichkeit
Pro Helvetia muss sich als glaubwürdige, transparente subsidiäre Förderin und Unterstützerin des Schweizer Kultur- und Kunstschaffens zeigen. Ihr Ruf ist heute bei der Schweizer Politik, aber auch in Kulturkreisen und in der Öffentlichkeit nicht der beste. Dies ist einerseits auf die konservative Haltung eines Teils der Politikerinnen und Politiker gegenüber dem zeitgenössischen Kunst- und Kulturschaffen zurückzuführen, andererseits aber auch auf den öffentlichen Auftritt von Pro Helvetia selbst. Pro Helvetia soll sich nicht als Kritikerin des Schweizer Kulturschaffens oder mit eigenen Initiativen profilieren, sondern mit einer transparenten und gradlinigen Unterstützung von Projekten, die von Kunstschaffenden und Veranstaltenden an sie herangetragen werden.